Todesurteil

Die schönste Daphne aller Zeiten und der Flüchtling
 
Roman
 
TODESURTEIL

 

Ich bin von der Birnenjagd sehr müde. Ich will aber den Sonntag nützen.

Ich habe lange von der Türkei nichts gehört. Ich gehe zum Bahnhof und mische mich unter die Reihe der "Türkischmänner".

Großteil von ihnen interessiert nichts als "Geld" und "Huren". Aber einige kennen sich sehr gut aus mit den neuesten Automodellen. Ich mag diese Schafherde nicht.

Es ist langweilig ihre Gespräche zu hören. Aber einige von ihnen diskutieren heute über irgendwas gestikulierend. Ich gehe näher. Manche sagen "Es gehört so, man muss die gottlosen umbringen". Wenige sagen, "Sie sind aber noch sehr jung".

Endlich erfahre ich, worüber sie sprechen. Und mich trifft fast der Schlag

 


Deniz, Hüseyin, Yusuf. Eine Demonstration zur Erinnerung ihrer Hinrichtung. Sie werden in den Herzen von Millionen Menschen für immer leben.

 

Ich weiß, dass viele Genossen bereits verhaftet sind und im Gefängnis sitzen. Deniz Gezmis, Yusuf Aslan und Hüseyin Inan wurden am neunten Oktober zum Tode verurteilt. Ich erfahre das erst fast eine Woche später.

Vor allem Deniz kannten bereits damals alle Menschen in der Türkei. Er war berühmtester Held meiner Generation. Und das bleibt so auch jetzt nach mehreren Generationen. So benützen seinen Namen heute noch immer die alten Politiker, um Popularität zu gewinnen, die damals sich für den Tod meiner Freunde einsetzten.

Weitere Generationen nannten ihre Kinder "Deniz". Das Wort bedeutet in Türkisch "das Meer". Heute heißen sehr viele Frauen und Männer "Deniz".

Zurück zum Bahnhof.

Diese Jungs sind die besten Söhne meiner Generation. Sie sind brillante Jungs. Sie sind meine Genossen. Sie sind meine Freunde. Und sie sind noch so jung wie ich.

Die Faschisten wollen sie aufhängen. Ich werde wahnsinnig. Ich weiß nicht, wo ich meinen Zorn abladen soll. Ich spüre eine lähmende Ohnmacht.

Langsam beginne ich zu begreifen, dass ich nicht Botschafter der Revolution, sondern ein verlorener Soldat eines niedergeschlagenen Aufstands bin.

Ich kann nicht mehr meine Tage mit Schiflies vergeuden. Ich muss auch unter diesen Umständen etwas tun.

Aber was? Rückkehr in die Türkei bedeutet derzeit Selbstmord.

Verzweifelt gehe ich nach Hause. Nach vielen Zigaretten schlafe ich ein.

 



 
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start: 19 novembre 2017, up-date: 19 novembre 2017