Guter Rat

Die schönste Daphne aller Zeiten und der Flüchtling
 
Roman
 
GUTER RAT

 



 


Innsbruck. Maria-Theresia-Straße.

 


Wovon soll ich ab jetzt leben? Das weiß ich nicht.

Ich muss von diesem Lustenau weg. Das weiß ich. Aber wohin? Das weiß ich nicht.

Die Stadt, die ich zuerst gesehen habe, mittlerweile weiß ich, dass sie Graz heißt, hat mir gefallen.

Aber dort gibt es anscheinend keine Arbeit. Sonst würde der Schlossherr mich nicht hierherschicken.

Ich muss wo anders hin gehen.

Ich brauche Ratschläge. Ich muss mit jemand reden.

Ich sehe meine Freunde in der Fabrik nicht mehr. Mit wem soll ich reden?

Seit der Birnenjagd ist Ernst sehr freundlich zu mir.

Es ist noch nicht Gastbetrieb. Ich sitze mit Ernst allein im Gastgarten.

"Wegen ein paar Minuten Verspätung haben sie mich gekündigt.", sage ich. "Jetzt muss ich wo anders mein Glück suchen. Aber wo soll ich hin gehen? Ich bitte dich um einen Rat".

"Du gehst nirgendshin.", sagt er bestimmend. "Du bleibst hier. Du bist ein sehr tüchtiger Junge. Solche Menschen brauchen wir. Du bleibst bei uns. Wir finden für dich eine Arbeit. Dann musst du nicht mehr in drei Schichten arbeiten."

"Lustenau ist derzeit der beste Fleck auf der Erde. Hier gibt es Arbeit. Das heißt hier gibt es Geld, das heißt Brot."

"Nach Wien darfst du auf keinen Fall gehen. Die Wiener haben nichts zum Fressen. Dort gibt es keine Arbeit. Außerdem hast du hier in kurzer Zeit sehr viel Deutsch gelernt. Die Wiener sprechen nicht Deutsch. Sie sprechen eine eigene Sprache. Du wirst dort kein Wort verstehen."

Damals wusste ich noch nicht, dass in Lustenau ein eigener Dialekt gesprochen wurde und dass ich als Deutsch, das lernte.

"Außerdem in Wien gibt es viele Juden. Sie sind sehr böse. Sie werden dir etwas Böses antun."

"Wie heißt die nächste größere Stadt?", frage ich.

"Innsbruck.", sagt er. "Was willst du in Innsbruck?"

"Mein Glück versuchen. Wie komme ich nach Innsbruck?"

"Nach Bregenz. Mit dem Zug nach Innsbruck. Aber du überlegst dir das ganz genau. Ich rate es dir nicht. Natürlich kann ich dich nicht festhalten, wenn du nicht hierbleiben willst."

"Ich will nach Innsbruck. Ich habe aber sehr viel Gepäck. Kannst du mich mit deinem Wagen zum Bahnhof bringen?"

"Wenn du unbedingt fahren willst, ich bringe dich zum Bahnhof in Bregenz."

"Sehr lieb von dir."

"Wann willst du fahren? Sofort?"

"Nein. Ich bleibe noch ein paar Tage. Ich muss hier noch etwas erledigen."



 
was bisher geschah
weiter lesen
start: 19 novembre 2017, up-date: 19 novembre 2017