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21 march 2008, up-date: start: start: 21 march 2008
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Stelle
der Musikwissenschaft in der Philosophischen Fakultät der k.k. Universität
Wien
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Seit 1856 unterrichtete "Privatdocent Dr. Eduard Hanslick" in der "Philosophischen Facultät" an der k.k. Universität Wien, unter dem "Fach IV." der Fakultät, "Archäologie und Kunstgeschichte". 1861 bekam er das Ordinariat für "Geschichte und Ästhetik der Tonkunst". Er unterrichtete weiterhin im Fach IV. "Archäologie und Kunstgeschichte". Im SS 1870 wurde das Fach "Kunstgeschichte" als Fach IV. der Philosophischen Fakultät selbständig. Nunmehr unterrichtete Hanslick im Fach Kunstgeschichte. |
1881 habilitierte Adler bei Hanslick für "Musikwissenschaft". Ab dem WS 1881/82 unterrichtete Adler "Musikwissenschaft" im Fach "Kunstgeschichte". Ab 1885 war Adler außerordentlicher Professor für "Musikwissenschaft" an der Deutschen Universität in Prag. |
Ein neuer "Hahn im Stall" |
Hanslick wurde 1894 emeritiert. Ab dem SS 1895 hieß das "Fach V." der Philosophischen Fakultät "Kunstgeschichte und Musikwissenschaft". In diesem Semester unterrichtete nur Dietz. Bevor Adler an die Universität Wien zurückkam, unterrichteten hier außer Dietz auch Rietsch und Wallaschek. |
1898 übernahm Adler das ehemalige Ordinariat von Hanslick. Die Lehrkanzel wurde zu "Theorie und Geschichte der Musik" umbenannt. Ab dem WS 1898/99 unterrichtete Adler im "Fach VII." der Philosophischen Fakultät "Kunstgeschichte und Musikwissenschaft". Ab dem SS 1924 wurde im Vorlesungsverzeichnis "Musikwissenschaft" an der Philosophischen Fakultät ohne Nummerierung mit den römischen Ziffern als eigenes Fach hinter der Kunstgeschichte aufgereiht. |
Adlers Rückkehr nach Wien, noch dazu als Ordinarius- Professor, wurde
von dem bestehenden Team nicht mit "Hipp! Hipp! Hurra!" begrüßt. Bereits
Adlers Nominierung für das von Hanslick frei gewordene Ordinariat polarisierte
die bestehenden persönlichen Machtkämpfe im Professoren-Kollegium. So
war Adler im Fach Musikwissenschaft trotz seines hohen Ranges nicht allmächtig,
im Gegenteil, seine Position wurde gegenüber Wallaschek im universitären
Betrieb von Tag zu Tag schwächer.
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Adlers
Systematik
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Adler
entwarf bereits 1885, lange vor der Gründung des Musikhistorischen Instituts,
eine "Systematik" der Musikwissenschaft. Er bezweckte damit die international
hergestellten wissenschaftlichen Arbeiten über die Musik in einem möglichst
breiten Spektrum der Aspekte für die "Vierteljahrsschrift" zu gewinnen.
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Seine
Systematik unterteilte die Musikwissenschaft in zwei Gebiete: I. Historisch,
2. Systematisch. Die Systematische Musikwissenschaft umfasste zahlreiche
Fächer, die die Grundlagenforschung für seine "Evolutionstheorie" für
die "Grundclassen" der abendländischen "Tonkunst" liefern sollten.
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Aufstieg der Vergleichenden Musikwissenschaft |
Adler war und sah sich als Historiker der abendländischen Kunstmusik (=Tonkunst). Um das von ihm in die Systematik der Musikwissenschaft aufgenommene Fach "Systematische Musikwissenschaft" kümmerte er sich, abgesehen von der musikalischen Paläographie, nie. Wenn die Entwicklung des Faches Musikwissenschaft allein nach Adlers Willen hätte verlaufen sollen, wäre das Fach Musikwissenschaft 1927 noch immer ein Musikhistorisches Institut mit einigen Hilfsfächern geblieben. Jedoch war er nicht in der stärkeren Position in der Fakultät, und seine Kontrahenten machten, was sie wollten. |
Adler sah Musikästhetik nicht als wissenschaftliche Disziplin. Seit dem SS 1898 hielten Wallaschek und Dietz, ihm trotzend, immer wieder "musikästhetische" Vorlesungen. Am Ende der Fächer der "Systematischen Musikwissenschaft" in Adlers "Systematik der Musikwissenschaft" von 1885 stand die "Musikologie (Untersuchung und Vergleichung im Dienste der Ethnographik und Folkloristik)." |
1908 bekam Wallaschek ein Extraordinariat für "Psychologie und Ästhetik der Tonkunst". Wallaschek machte aus "Musikologie" nunmehr eine "Vergleichende Musikwissenschaft" und gründete deren "Wiener Schule". |
Bereits in der Ära Adler ersetzte die "Musikologie" als "Vergleichende Musikwissenschaft" die "Systematische Musikwissenschaft" komplett. |
Zwei Institutionen |
1898
gründete Adler die Musikhistorische Lehrmittelsammlung und benannte sie
später inoffiziell in "Musikhistorisches Institut" um.
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Während
die "Musikwissenschaft" an der Philosophischen Fakultät auf Adler nicht
verzichten konnte, blieb Adlers Institut für die "Vergleichenden" Kollegen
gesperrt.
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Somit
sind in der Ära Adler an der k.k. Universität Wien zwei Institutionen
der "Musikwissenschaft" entstanden, die nicht nur neben-, sondern gegeneinander
existierten: 1) Musikhistorisches Institut, 2) Fach Musikwissenschaft
der Philosophischen Fakultät.
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Bei
der ersten wurde die "Historische Musikwissenschaft" im "Musikhistorischen
Institut" erforscht und unterrichtet. Bei der zweiten wurde die "Vergleichende
Musikwissenschaft" in verschiedenen Hörsälen der Universität Wien, ohne
eigenes Institut oder Seminar, unterrichtet.
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Die
strenge räumliche Trennung zwischen dem Fach Musikwissenschaft der Philosophischen
Fakultät und dem Musikhistorischen Institut in der Ära Adler zeigte nicht
nur die persönlichen Differenzen der Lehrenden, sondern die Trennung der
zwei verschiedenen Konzepte der Musikwissenschaft, die gezwungenerweise
zusammenexistieren mussten. In der Ära Adler waren in Praxis die Vergleichende
und die Historische Musikwissenschaft -trotz früherer theoretischer Systematik
Adlers- nicht zwei Disziplinen der Musikwissenschaft, sondern zwei gegensätzliche
Konzepte der Musikwissenschaft, die jeweils diese für sich beanspruchten.
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Politik
und Systematik
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Warum
war Adler, obwohl er in seiner Systematik der Musikwissenschaft die Musik
unter allen möglichen Aspekten untersucht haben wollte, gegenüber der
neu aufsteigenden vergleichenden Musikwissenschaft nicht aufgeschlossen?
War er nicht derselbe weise Wissenschafter, der an der Entwicklung der
"neuen Musik" eine historische Katastrophe für die Stilbildung sah, aber
trotzdem den jungen Komponisten half, wo er konnte?
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Am
Anfang standen die persönliche Querelen und Machtkonflikte. Bereits während
der Kriegsjahre war der "altliberale" Adler gegenüber den "großdeutschen"
Nationalisten im universitären Betrieb in der Partei der Minderheit.
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Nach
den Kriegsjahren wuchs die "modernste Stufe" des Rassismus und Antisemitismus
unaufhaltsam. Die Bemühungen der "Partei Lachs", das 1917 mit dem Tod
Wallascheks frei gewordene Extraordinariat an das Vergleichende Fach zu
binden, konnte er nur bis 1919 verhindern. Bereits 1919 stand Adler gegenüber
der "Partei Lachs" auf verlorenem Posten.
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Für
die Mehrheit des Professorenkollegiums in der Philosophischen Fakultät
zählten nunmehr nicht die wissenschaftlichen Argumente Adlers, sondern
seine jüdische Herkunft.
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Ideologie
und Wissenschaft
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Dass
die "Vergleichende Musikwissenschaft" Wallascheks der "Ursprungs-" und
"Entwicklungstheorie" der abendländischen "Tonkunst" diente, war theoretisch
gesehen durchaus im Sinne der Adlerschen Auffassung von Musikwissenschaft.
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Die
"Historische Musikwissenschaft" befasste sich mit der "Tonkunst der Kulturnationen",
"Vergleichende Musikwissenschaft" befasste sich mit dem "Geheule der Primitiven".
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Während
der Rassismus der Historischen Musikwissenschaft von der Phase des Kolonialismus
geprägt war, diente die Vergleichende Musikwissenschaft ab Lach direkt
dem neu aufwachenden national-sozialistisch/ antisemitischen Rassismus.
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In
der Praxis aber sah Adler die "Vergleichende Musikwissenschaft" in deren
damaligen Zustand nie ebenbürtig der "Historischen Musikwissenschaft".
Und die Wiedereinführung der Ästhetik in die Musikwissenschaft war für
Adler ein Hochverrat. Tatsächlich bestanden diese Fächer damals lediglich
aus trivial-philosophischen Spekulationen. Jedoch dienten sie dem neuen
pseudowissenschaftlichen Komplex der "Rassentheorien", die politisch immer
mehr an Bedeutung gewannen.
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Hinter
Lach standen nicht zufällig Germanisten, Indologen, Indogermanisten und
Ethnologen. Bereits zu Ende des 19. Jahrhunderts waren diese Fächer immer
mehr mit den Rassentheorien verknüpft. Wallascheks und Lachs "Vergleichende
Musikwissenschaft" war mit den "modernen" Rassentheorien völlig kompatibel.
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Adlers
"konservative" Einstellung zur habsburgischen Tradition sollte durch die
"modernste" Einstellung des Rassismus ersetzt werden.
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Zwei
Fächer
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Somit
wurde in der Ära Adler die Musikwissenschaft in Wien in der Praxis, nicht
zuletzt unter der alt-liberalen Ideologie Adlers und der faschistischen
Ideologie Lachs, beispielgebend für die Welt und prägend für die Zukunft,
zweigeteilt: 1) Historische Musikwissenschaft, 2) Vergleichende Musikwissenschaft.
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Das
war die Systematik der Musikwissenschaft in der Ära Adler. Und diese Systematik
entstand weder durch seinen Willen, noch durch eine rational oder deterministisch
definierbare wissenschaftliche Notwendigkeit. Die Systematik der Musikwissenschaft
war in der Ära Adler von den politischen Entwicklungen der Zeit bestimmt.
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Hobel
der Zeit
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Adler
hatte durch seinen Rang die Macht, eine neue Generation von Lehrern allein
auszubilden und zu promovieren. Mit Ausnahme von Robert Lach wurden alle
Doktoranden der Musikwissenschaft "Musikhistoriker" im Sinne Adlers. Nur
Lach wirkte in den beiden Gebieten, allmählich als Vertreter des Zweitgenannten.
So hielten die Adlerianer an Adlers Theorien bis in die 50er Jahre fest.
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Allmählich
wurden die hauptsächlich "physisch/ mathematischen" Disziplinen, die sich
nicht nur mit der Musik, aber vor allem mit dem "Schall" beschäftigen,
in der ersten Linie unter dem Begriff "systematische Musikwissenschaft"
assoziiert. Somit emanzipierte sich die "systematische Musikwissenschaft".
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Obwohl
zu Zeiten Robert Lachs Robert Lachmann mit der Emanzipierung der Ethnomusikologie
von den Rassentheorien begann, konnte diese Tendenz durch die herrschenden
politischen Mächte sehr lange Zeit verhindert werden.
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Das
Erbe Adlers
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Vieles
hat sich inzwischen geändert. Die Musikwissenschaft in Wien hat sich längst
von allen Stufen der Rassentheorien verabschiedet.
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Obwohl
sich die Musikgeschichte heute viel besser entwickelter wissenschaftlicher
Methoden bedient als zu Zeiten Adlers, beschränkt sie ihr Gebiet noch
immer auf die "Europäische Musik". Gemeint ist damit noch immer die "Tonkunst"
der europäischen "Kulturnationen".
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Für
die Nachbesetzung des Extraordinariats von Wallaschek war der letzte Vorschlag
Adlers, statt der "Vergleichenden Musikwissenschaft" dem Musikhistorischen
Institut viel wichtigere Hilfswissenschaften und "Paläologie", vor allem
das Forschungsfach "Verbindung der Musik des Occidentes mit der des Orientes"
zu widmen. Die vermutlichen Namensvorschläge für die Besetzung des Extraordinariats
waren Fischer für Okzident und Wellesz für Orient. Da Wellesz Jude war,
konnte diese Intention Adlers nicht weiter ausgeführt werden.
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Noch
immer bleibt eine Reliquie der eurozentralistisch- rassistischen Einstellung
der Wissenschaft in der Ära Adler in der Systematik des Unterrichts:
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Die
Einteilung der Fächer. "Fach: 1. Europäische Kunstmusik (damals Musikhistorisches
Institut; mgs) 2. Außereuropäische Musik" (damals Vergleichende Musikwissenschaft,;
mgs) (...)"
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Ohne
die großen Errungenschaften der Ethnomusikologie im letzten Jahrhundert
in Frage stellen zu wollen, möchte ich hier in Erinnerung bringen, dass
auch die andere Kulturen 1.) eine Kunstmusik, und 2.) eine Geschichte
haben.
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