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von Prof. Theophil Antonicek u. Prof. Manfred Angerer
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start: 21 march 2008, up-date: start: start: 21 march 2008
Persönlichkeit und Wirken Guido Adlers (1855-1941), der prägenden Gestalt der Musikwissenschaft in Österreich, standen immer wieder im Mittelpunkt wissenschaftlicher Publikationen und Diskussionen, ohne daß jedoch bisher eine weiter ausgreifende Darstellung in Buchform versucht wurde. Diese Lücke im Bezug auf Adlers Wirken an der Universität Wien zu füllen ist das Anliegen der vorliegenden Arbeit, die sich als Teil einer Geschichte des Faches Musikwissenschaft an der Universität Wien versteht. Dabei geht es dem Verfasser weniger um institutionengeschichtliche Fakten als um ein Sichtbarmachen der Hintergründe in- und vor allem auch außerhalb des Faches. Wohl hatte Adler 1885 eine bis heute diskutierte Systematik der Musikwissenschaft in ihrer Gesamtheit aufgestellt (an der er auch zeitlebens festhielt), in der Praxis seines wissenschaftlichen und universitären Handelns konzentrierte er sich aber fast ausschließlich auf die europäische Musikgeschichte. Damit stieß er auf den immer offener werdenden Widerstand vor allem der Vertreter der vergleichenden und systematischen Musikwissenschaft. Dazu kamen die erstarkenden politischen Strömungen des Nationalismus und Antisemitismus, in deren Gefolge Adlers Stellung an der Universität immer schwächer wurde (er hat nie ein akademisches Amt bekleidet und wurde auch niemals Mitglied der Akademie der Wissenschaften), was schließlich in einer schmerzhaften Niederlage im Kampf um seine Nachfolge endete. Der Eindruck seiner Lehrerpersönlichkeit und sein wissenschaftliches Konzept lebten freilich in seinen Schülern weiter, erfuhren sogar durch die Emigration vieler von ihnen weltweite Verbreitung.
Der verdienstvolle Versuch einer Würdigung Guido Adlers im Rahmen einer Geschichte seines Faches in Wien wird sicherlich die Aufmerksamkeit der Forschung finden und hoffentlich Anlaß zu weiterer Forschung und weiterer Diskussion geben.
 
Dr. phil., Dr. h. c., tit. ao. Prof. Theophil Antonicek
 
 
Die „Ära Guido Adler“ gehört zum festen Mythenschatz des Instituts für Musikwissenschaft der Wiener Universität. Die Gründe dafür liegen so sehr auf der Hand, dass man auf ihre Nennung fast verzichten zu können meint. Zum einen war dieser Abschnitt der Institutsgeschichte zweifellos der unbestrittene Höhepunkt seiner Geltung und seines Einflusses (und zwar gar nicht so sehr unter lokalen und stadtgeschichtlichen, um so mehr aber unter internationalen Gesichtspunkten). Zum anderen spielt das düstere Ende der „Ära Adler“ bis heute eine deutlich erkenntnishemmende und forschungserschwerende Rolle, denn von einem wirklichen Weiterleben der Adler-Schule an der Wiener Universität kann nach 1927, erst recht nach 1938 nicht die Rede sein.
Für eine neue Arbeit über das „Goldene Zeitalter“ der Wiener Musikwissenschaft spricht also vieles, um so mehr wenn diese Arbeit vieles in neuen Zusammenhängen und in neuem Licht erscheinen lässt. In Anbetracht der wissenschaftlichgeschichtlichen Bedeutung seines Themas ist dem vorliegenden Buch eine breite und natürlich lebendig kontroversielle Rezeption und Diskussion daher mit Nachdruck zu wünschen.
Ao. Univ.-Prof. Dr. Manfred Angerer